AMAZING AGRA (Tage 8-10)

9 01 2012

morgengrauen am Taj Mahal

Am Achten Tag hatten wir wieder eine lange Busreise vor uns. Durch ödes, staubtrockenes Land in dem nur vereinzelte Frauen in bunten Saris auf den Feldern für Farbtupfer sorgten fuhren wir Richtung Osten. Kamelwagen und überladene Fahrzeuge säumten die Straßenränder wie schon an den vorherigen Tagen. Gegen Mittag legten wir einen Stop am Stufenbrunnen Chand Baoli ein. Mitten in diesem ganzen nirgendwo wurde im 9. Jahrhundert eine der prächtigsten Brunnenanlagen der Welt gebaut. Die 35m tiefe Anlage zu der von allen Seiten insgesamt 3500 Stufen hinab führen bildet quasi eine inverse, in die Erde hinabführende Pyramide. Sie ist aber nicht nur ein reiner Brunnen. Das rare und kostbare  Gut Wasser wurde hier regelrecht zelebriert. Die alten Gemäuer eines Bades mit getrennten Bereichen für Männer und Frauen, sowie eines daran angeschlossenen Tempel zeugen noch heute davon.

Das eigentliche Tagesziel lag jedoch noch einmal ca. 100km weiter östlich. Am frühen Nachmittag kamen wir in Fatehpur Sikri an. Auf einem Hügel über einem Flussbett wurde von 1569 bis 1574 auf Geheiß des Großmoguls Akbar die neue Hauptstadt gebaut. Ein hier ansäßiger Scheich hatte Akbar erfolgreich drei Söhne prophezeit, was diesen so beeindruckte dass er prompt an dieser Stelle eine neue Hauptstadt bauen ließ und mit samt Hofstaat vom nur 40km entfernten Agra aus umzog. Bereits 1585 hatte er jedoch schon wieder neue Pläne und zog weiter nach Lahore von wo aus die Feldzüge besser zu überwachen waren. Möglicherweise könnte auch Wasserknappheit in Fatehpur Sikri ein Grund gewesen sein. Jedenfalls lag die prächtige Stadt nach nicht einmal 15 Jahren Nutzung brach und geriet in Vergessenheit. Aus heutiger Sicht ist das allerdings sehr gut, da die 450 Jahre alten Ruinen nun hervorragend erhalten und zum Teil restauriert sind und ein tolles Beispiel für die Architektur des Moguleichs abgeben.

Wir hatten den kompletten Nachmittag um das ausgedehnte Gelände zu erkunden und zu beobachten wie die roten Sandsteinmauern im Licht der untergehenden Sonne zu glühen begannen. Die dazwischen herumfliegenden grünen Papageien rundeten das farbenprächtige Bild ab. Leider bekamen wir jedoch auch zu spüren dass wir uns nun in gut ausgetretenen Touristenpfaden bewegten. Um zur etwas außerhalb der Stadt gelegenen großen Moschee zu gelangen muss man das Gelände verlassen und gerät prompt in eine Herde an aufdringlichen Schleppern und Bettlern. Natürlich ist auch das ein Teil von Indien, bis jetzt war er uns aber größtenteils erspart geblieben. Nun schwirrten vor allem Kinder um uns herum die versuchten uns unsere Eintrittskarten gegen Postkarten oder ähnlichen Nippes abzutauschen. Es scheint wohl ein gutes Geschäft zu sein, die Karten unter dem Tisch weiter zu verkaufen. Beeindruckend waren dagegen die Jungs die am Eingang der Moschee saßen und gegen einen kleinen Obolus auf die Schuhe aufpassten. Jeder von ihnen hatte riesige Haufen von 50-100 Schuhen vor sich liegen, sie wussten aber haargenau wem welches paar gehörte und hielten sie einem bei der Rückkehr bereits entgegen. Am Abend fuhren wir noch weiter nach Agra, vielleicht einem der Höhepunkte dieser Reise.

Um 5h morgens des neunten Tages trafen wir uns zu sechst in der Hotellobby. Ehe wir um 9h mit der gesamten Gruppe zum Taj Mahal aufbrachen wollten wir noch den Sonnenaufgang von der anderen Flusseite aus bestaunen. Der Yamuna-Fluss fließt durch die 3-Millionen-Einwohner-Stadt Agra als breiter Strom mit einem halbtrockenen Flussbett von deutlich über 100m breite. Nur wenige Brücken verbinden die beiden Seiten. Somit ist der Weg auf die andere Seite des Flusses mit einem ziemlichen Umweg durch die halbe Stadt verbunden. Jeweils zu dritt in einer Motorrikscha düsten wir über leere Straßen im morgengrauen durch die noch schlafende Stadt, vorbei an Müllhaufen in denen sich Affenbanden verlustierten, einmal über die alte rostige Brücke bis zum Metab Bagh Park. Wir zahlten schnell einige Rupien Eintritt und liefen durch ein paar Bäume ehe wir auf eine große Wiese kamen und zu unserer rechten im Nebel die Umrisse des Taj Mahal auftauchten. Ein grandioser Moment. Außer uns waren nur 2 andere Menschen in dem ausgedehnten Park. Wir konnten uns also in aller Ruhe auf eine Mauer am Fluss setzen, den erwachendenVögeln und dem Gebetsruf eines nicht weit entfernten Tempels lauschen und zusehen wie sich der Nebel langsam lichtete und das weltberühmte Monument auf der anderen Flussseite im glanz der Morgensonne zu strahlen begann. Viel besser geht es eigentlich wirklich nicht. Leider mussten wir pünktlich zurück am Hotel sein um die Gruppe nicht zu verpassen, so mussten wir aufbrechen bevor sich der Nebel endgültig lichtete. Dennoch gehörte dieser morgen definitiv zu den eindrucksvollsten Momenten die ich bisher erleben durfte. Ich hatte es gar nicht so erwartet, aber die schiere Perfektion dieses Gebäudes, gepaart mit der Atmosphäre dieses frühen morgens waren schon etwas ganz besonderes.

Zwei Stunden später fanden wir uns auf der anderen Seite des Flusses am Eingang des Taj Mahal wieder. Leider musste ich hier Sabrinas hoch gefährlichen Maskottchen-Stoffhasen abgeben, mit dem ich vorgehabt hatte ein Foto zu schießen. Gemeinsam mit einem Taschenmesser, Feuerzeugen, Zigaretten und verschiedenen Bonbons anderer Gruppenmitglieder musste der arme in einer Tüte am Eingang auf uns warten. Anscheinend haben Hasen in Indien keinen guten Ruf. Mit dieser Gefahrensituation aus dem Weg durfte ich das Gelände dann betreten und das Taj Mahal nun auch aus der Nähe begutachten. Und auch diesem Blick hielt das elegante Gebäude stand. Die perfekten Proportionen ziehen sich bis ins Detail und die weißen Marmorwände sind über und über mit feinsten Edelsteinen dekoriert. Die vier schlanken, ganz leicht nach außen geneigten Minarette die im Falle eines Erdbebens vom Gebäude weg fallen sollten geben dem ganzen eine Art Rahmen. Und von der Plattform auf der Das Gebäude steht hat man einen tollen Ausblick über den weiten Bogen des Yamuna und den Park auf der anderen Seite.

Am mittag stand dann noch die zweite Weltkulturerbestätte Agras auf dem Programm, das Rote Fort. Dieses wurde 1565 von jenem Kaiser Akbar gebaut der nur einige Jahre später weiter nach Fatehpur Sikri zog. In späteren Jahren diente es unter anderem Shah Jahan als Regierungssitz, der heute neben seiner geliebten Frau im Taj Mahal begraben liegt. Das interessanteste an dem Fort ist jedoch die harmonische Vereinigung islamischer und hinduistischer Baukünste.

Am Nachmittag ging die Fahrt weiter. Leider brauchten wir für die gut 150km bis Delhi knapp 7 Stunden, wobei wir davon sicher die Hälfte im dichten Verkehr irgendwo in der Peripherie der 20-Millionen-Stadt feststeckten. So kamen wir erst spät am abend relativ entkräftet in unserem Hotel an. Es war die fünfte Nacht in Folge an unterschiedlichen Orten mit jeweils gut 5 bis 6 Stunden Fahrt dazwischen. Obwohl der Bus und die  Hotels für indische Verhältnisse gut waren machten sich die Reisestrapazen dieses Mammutprogramms langsam doch bemerkbar.

Die große Freitagsmoschee von Delhi ist eine der größten Moscheen der Welt mit Platz für über 20.000 Gläubige und befindet sich mitten im Zentrum Shahjahanabads, der Altstadt Delhis. Man kann dem eleganten Gebäude recht gut ablesen, dass der Bauherr jener Großmogul Shah Jahan war der auch das Taj Mahal in Agra in Auftrag gab. An diesem Dienstagmorgen war der große Hof relativ leer so dass man sich in Ruhe umschauen konnte. Eines der beiden Minarette ist begehbar und bietet als Gegenleistung für etwas körperliche Arbeit und Schwindelfreiheit eine tolle Aussicht. Eine dünne steile Wendeltreppe führt in dem Turm nach oben und nur an einer Stelle gibt es einen Erker an dem man entgegenkommenden Leuten Platz machen kann. Oben angekommen steht man auf einer winzigen Plattform ohne nennenswerte Brüstung die gerade eben Platz für 2-3 Menschen bietet. Sie ist zwar durch ein Gitter rund herum gesichert aber dennoch nichts für Leute mit Höhenangst.

Vor der Moschee fand zu der Zeit ein großer Ziegenmarkt statt so dass die gesamte umliegende Altstadt voller Ziegen war. Wir nutzten den Aufenthalt an der Moschee um zu viert eine kleine Runde durch die umliegenden Straßen zu drehen, in denen sich Delhi von seiner rauhen, schmutzigen Seite präsentiert. Zwischen Autwowracks saßen da Straßenverkäufer mit Käfigen in denen erbärmlich aussehende, zerrupfte Vögel dicht gedrängt vor sich hin vegetierten. Fliegen surrten überall umher. Eine Straße weiter lagen abgetrennte Ziegenköpfe auf einer Theke einer kleinen Metzgerei. Der Metzger schlachtete auf offener Straße einige Hühner. Im Nachbarhaus lud indes ein kleiner Schnellimbis zum Chickenburger. Durch die engen Gassen drängten sich Menschen, mit Karren, auf Motorrädern, in Motoriskchas. Wir schafften es leider nur bis zum Eingang des großen Ziegenmarktes ehe wir wieder zurück zum Bus eilen mussten.

Der Rest des Tages erwies sich leider als ein ziemlicher Reinfall. Nach stundenlangem Warten und Passkontrollen vor der Parlementsbibliothek gewährte man uns nur einen kurzen Blick ins Gebäude und einen Rundgang in einer kleinen Ausstellung für Schulklassen über die indische Verfassung. Am Nachmittag besuchten wir die Baustelle eines fast fertigen Wohnhauses irgendwo in den Vororten. Leider kamen wir dort durch die lange Warterei und den Verkehr Delhis deutlich später an als geplant, so dass die Architekten des kleinen Büros Gupta Vir Müller, die uns eigentlich empfangen wollten bereits wieder auf dem Weg zu einem Termin waren. Am Abend kamen dann noch Navigationsprobleme bei der Suche des Restaurants hinzu. Alles was in den vorherigen Tagen so reibungslos funktioniert hatte ging an diesem Tag schief. Es blieb aber in den 2 Wochen Reisezeit bei diesem einen Tag. Man muss den Organisatoren also an dieser Stelle nochmal ein Lob aussprechen!

Indische Autobahnen

Chand Baoli Stepwell

Fatehpur Sikri

hof der Moschee von Fatehpur Sikri

Schuhwächter und Straßenkinder mit Sara und Gabriela

Rikschatour im Morgengrauen und ein merkwürdiger Page im hotel

Taj Mahal im Sonnenaufgang

Taj Mahal von nahem am mittag

Das rote Fort von Agra


Freitagsmoschee in Delhi

Im hintergrund das größte Einfamilienhaus der Welt

Auf dem Minarett der Freitagsmoschee

Alt Delhi, Rund um die Moschee

Wohngebäude in Delhi von Gupta Vir Müller Architekten

Noch viel mehr Bilder gibts auf FlickR…

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Fatehpur SikriSAMSUNG DIGITAL CAMERA SAMSUNG DIGITAL CAMERASAMSUNG DIGITAL CAMERASAMSUNG DIGITAL CAMERA SAMSUNG DIGITAL CAMERA
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Agra & Delhi 11, a set on Flickr.

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