CHARMING CHANDIGARH (Tage 11-13)

27 01 2012

Das eigentliche Ziel dieser Exkursion erreichten wir am frühen mittag des elften Tages. Chandigarh. Zehn Tage waren wir nun unterwegs, hatten viele hundert Kilometer zurück gelegt, unglaubliches gesehen und erlebt. Und jetzt lag vor uns diese Stadt. Ein Städtchen eher, an dem man als Tourist eigentlich höchstens vorbei fährt, auf dem Weg in den Himalaya. Wenn man sich überhaupt jemals in diese Gegend verirrt. Nur Architekten kommen des öfteren. Denn Chandigarh wurde in den 1950er Jahren nach Plänen Le Corbusiers errichtet und weist weltweit die wohl höchste Dichte an Bauten des Altmeisters auf. Chandigarh ist die Hauptstadt des damals neu gegründeten Punjabs und die meisten repräsentativen Regierungsgebäude stammen direkt aus der Feder LeCorbusiers. Der Rest der Stadt ist in Sektoren unterteilt die jeweils relativ strikt einer Nutzung unterliegen. So zum Beispiel der Einkaufssektor 17 und der Ausgeh- Restaurantsektor 35. Die Wohnsektoren bieten dabei eine nicht nur für indische Verhältnisse niedrige Dichte und eine hohe Vielfalt an Wohnformen. Die meisten Gebäude wurden von Le Corbusier nahestehenden Architekten wie seines Cousin Pierre Jeanneret geplant und bieten eine recht hohe Wohnqualität die vor allem wohlhabende Rentner aus Delhi zu schätzen wissen. Die Sektoren sind getrennt von großen, mehrspurigen Straßen die auch heute noch für entspannte und völlig Indien-untypische Verkehrsverhältnisse sorgen.

Unser Ziel des Tages war das Regierungsviertel. Allerdings ist die politische Lage hier, nicht weit von der Grenze Pakistans, nicht eben entspannt. So erfordert der Besuch der Regierungsgebäude eine aufwendige Vorplanung mit vielen Genehmigungen und Wartezeiten vor Ort. Zu dem müssen zahlreiche Checkpoints mit herausschauenden Schnellfeuerwaffen auf Kopfhöhe passiert werden, was nicht gerade zu den angenehmsten Dingen gehört die ich je gemacht habe. Immerhin bekamen wir dann eine kurze Führung durch das Sekretariat der Ministerien und Zugang zu einer Aussichtsplattform auf dem Dach. Auch das hohe Gericht durften wir kurz von innen bestaunen. Das sehr interessante Parlamentsgebäude blieb uns jedoch leider verwehrt da an dem Tag eine Sitzung stattfand. Sämtliche Gebäude sind aus rauhem Sichtbeton und wirken auf den ersten Blick brutal und kühl wie viele Bauten des Schweizers. Die Qualität der Räume ist erst vor Ort spürbar und ist auf zahlreiche sehr unterschiedliche Faktoren wie beispielsweise Proportionen und Raumfolgen aber auch Belüftung und Verschattung zurückzuführen die höchst intelligent verknüpft und auf die externen Bedingungen dieses Ortes angepasst wurden. Leider ist die Bausubstanz in einem miserablen Zustand und wird vermutlich bald aus Sicherheitsgründen geschlossen werden müssen wenn keine Sanierungsarbeiten durchgeführt werden.

Am vorletzten Tag teilte sich die Gruppe in zwei Teile. Rainer, ein deutscher Architekt der mal eine Zeit in Indien gelebt hatte und uns auf der Reise begleitete, hatte angeboten im nicht all zu weit entfernten Dehra Dun einen ihm befreundeten Architekten zu besuchen der uns ein in Bau befindliches Projekt zeigen wollte. Außerdem liegt Dehra Dun direkt am Fuße des Himalaya und es Bestand die Möglichkeit eine alte britische Hill Station zu besuchen und ein wenig Bergluft zu schnuppern. Das klang überzeugend. Mit zwei Autos a 7 Mitfahrern machten wir uns also am morgen auf den Weg während der Rest einen eher ruhigen Tag in Chandigarh zum Einkaufen und Entspannten nutzte. Die Straße nach Dehra Dun bestand leider zum Großteil aus kurviger Schotterpiste was die Fahrt nicht eben angenehm gestaltete. Langweilig wurde es jedoch nicht, gab es doch draußen genug zu sehen. Wir durchquerten schöne Landschaften und einige kleine Dörfer und sahen immer wieder mal Affenbanden am Straßenrand sitzen. Vom indischen Verkehr und den immer wieder bis zum letzten Moment frontal auf uns zu kommenden Lastern mal abgesehen war es eigentlich eine recht angenehme Fahrt. Aufgrund einer Reifenpanne brauchten wir jedoch knapp 4,5 Stunden für die 170km so dass wir dann alle doch froh waren das enge Auto endlich verlassen zu können.

Die zu besichtigende Baustelle entpuppte sich als ein wirklich interessantes Projekt. Eine Ölbohrfirma baut sich dort eines der ersten „Green Buildings“ Indiens. Der spektakuläre, wenngleich etwas schräge Entwurf sieht eine grasbewachsene Hügellandschaft vor die sich auf die nahegelegenen Berge des Himalaya beziehen soll und in die sich Runde Lichthöfe graben. Nicht unbedingt mein Geschmack aber immerhin eines von wenigen wirklich modernen Gebäuden die wir in den zwei Wochen besichtigten. Die bauleitenden Architekten empfingen uns voller stolz und begleiteten uns auf einem Rundgang auf der sich noch im Rohbau befindlichen Baustelle zu der das Besteigen einiger abenteuerlicher Gerüstkonstruktionen gehörte. Besonders interessant waren die Baustellenbedingungen. Massenweise Arbeiter wuselten überall im Gebäude umher und nutzen jede Gelegenheit uns kurz zu grüßen oder aus der Ferne zu beobachten. Sie arbeiteten teils in schwindelerregender Höhe am Rohbau. Die durchaus vorhandenen Sicherheitsgurte lagen jedoch oft einige Meter weiter auf dem Boden. Ein Arbeiter rührte in einem alten Bauhelm Mörtel an. Man muss wohl festhalten, dass das verwirklichen einer derartigen amorphen Betonstruktur und eines Green Buildings nach modernen Standards unter derartigen Baustellenbedingungen sicher eine beachtliche Leistung ist.

Am Nachmittag kurvten wir eine knapp 20km lange Serpentinenstraße hinauf nach Mussoorie. Die alte britische Hill Station liegt auf knapp 2000m Höhe auf einem Bergrücken und bietet normalerweise atemberaubende Aussichten, einerseits in die Ebenen in Richtung Dehra Dun, andererseits auf die Berge des Himalaya bishin zu einigen 6000ern. An diesem Tag hingen jedoch leider dicke Nebelschwaden zwischen den Bergen und verweigerten uns dieses Spektakel. So blieb uns nur einen kleinen Blick in den Ort zu werfen, die angenehm klare und kühle Bergluft schnuppern und uns dann wieder auf den Rückweg machen. Denn unten in Dehra Dun wartete bereits ein Abendessen auf uns. Den letzten Abend in Indien verbrachten wir auf der Dachterrasse des indischen Architekten der uns auch über die Baustelle geführt hatte mit einem kühlen Bier und jede Menge gegrilltem Chicken Tandoori. Ein ordentlicher Ausklang. Leider mussten wir jedoch danach auch noch wieder zurück nach Chandigarh kommen. Die Rückfahrt ging zwar dank leerer Straßen deutlich zügiger von statten. Die immerwieder frontal entgegenkommenden überholenden LKW mit Aufblendlicht machten die Fahrt jedoch wenig angenehm. Eine weitere Reifenpanne zwang uns zwischendurch noch zu einer kurzen Pause ehe wir dann irgendwann um Mitternacht erschöpft aber lebendig wieder in Chandigarh ankamen.

Für den letzten Tag stand dann nochmal ein Highlight auf dem Programm. M.N. Sharma war der oberste indische Architekt beim Aufbau von Chandigarh und quasi der Vertreter LeCorbusiers wenn dieser nicht in Indien weilte. Der Mann ist heute 86 Jahre alt und lebt immernoch in Chandigarh und er hatte uns zu sich nach hause eingeladen um uns ein wenig über die Zeit des Aufbaus der Stadt zu erzählen. Leider bewirkten eine Reihe von Faktoren, neben der großen Gruppe vor allem Hintergrundgeräusche und die schwache Stimme des alten Mannes, das es schwierig war ihm wirklich zu folgen. Nichts desto trotz kamen einige interessante Anektoden aus einer anderen Zeit dabei herum. Den Rest des Tages konnte jeder für sich noch einmal durch Chandigarh bummeln, einige letzte Souvenirs besorgen, dem Stadtmuseum einen Besuch abstatten oder sich im Hotel ausruhen und Koffer packen. Am Abend fuhren wir dann zunächst mit dem Zug nach Delhi wo ein Bus für uns bereit stand und uns zum Flughafen beförderte. Dort mussten wir uns von 0h bis 5h morgens die Zeit vertreiben ehe wir eindlich in den Flieger einsteigen und einschlafen konnten.

Unterwegs mit Indian Railways

Regierungsviertel Chandigarh

Sekretariat der Ministerien

Im High Court

Die offene Hand

Chandigarh bei Nacht

Chandigarh bei Tag

Auf dem Weg nach Dehra Dun

Ein paar Affen am Straßenrand

Reifenpanne auf dem Weg

Baustelle ONGC Zentrale


wackelige Treppenanlagen

Mussoorie ohne Aussicht

Zu Gast bei M N Sharma/p>

Museum Chandigarh

Noch viel mehr Bilder gibts auf FlickR…

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Chandigarh 11, a set on Flickr.

MUMBAI MAINA (Tag 1)
AHMEDABAD ADVENTURE (Tage 2-4)
RAJASTAN RALLYE (Tage 5-7)
AMAZING AGRA (Tage 8-10)


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Eine Antwort

26 02 2012
xinajj

Yeah geil ich will auch mal ne affenbande am straßenrand sehen! Freu mich schon auf Asien! Coole Pix. Man wie wenig ahnung ich von architektur hab :D musst du wohl mal mein haus bauen! haha viel spaß in osteuropa morgen! grüße aus der regenzeit

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